Kontaktieren

Experten-Gespräch

Immobilienmarkt Rhein-Main im Fokus 2025/26: Selektiv, anspruchsvoll, kapitalintensiv?

Der Immobilienmarkt Rhein-Main wirkt stabil, doch Abschlüsse hängen an realistischen Preisen, Eigenkapital und tragfähiger Finanzierung. Im diesjährigen Interview erklärt Oliver Schwank, Geschäftsführer der Naspa Immobilien GmbH, warum der Neubau stockt, weshalb Bestandsobjekte dominieren und welche Parameter 2025/26 über Wert und Rendite entscheiden.

Herr Schwank, bis zum letzten Herbst haben Sie extreme Schwankungen auf dem Immobilienmarkt erlebt und vorsichtig eine positive Entwicklung prognostiziert. Wie hat sich der Immobilienmarkt Rhein-Main seither in Bezug auf die Kaufpreise für Eigenheime und Kapitalanlagen entwickelt – auch mit Blick auf innerstädtische Lagen und Umlandkreise?
Das Preisniveau hat sich im Vorjahresvergleich weitgehend stabil gezeigt. Auffällig ist der deutlich härtere Verhandlungsstil: In einigen Fällen kann das zu spürbaren Abschlägen führen, vor allem bei sanierungsbedürftigen Objekten oder wenn Verkaufsdruck besteht. Parallel wächst das Angebot. In Summe bleibt ein stabiler, aber angespannt verhandelter Markt. 
 

Was sind die Auslöser dieser Entwicklung – Zinsen, verfügbare Objekte, Bau- und Sanierungskosten, wirtschaftliches Umfeld? 
Auslöser sind zum einen Darlehenszinsen von rund vier Prozent bei einem angenommenen 10-Jahres-Festzinsniveau. Zum anderen sind verschärfte regulatorische Anforderungen – von Geldwäsche und Datenschutz bis zu EU-Vorgaben – herausfordernd für die prozessualen Abläufe im Finanzierungswesen. Hinzu kommen hohe Baukosten im Neubau. Bei Bestandsimmobilien treiben zusätzliche Energie- und Gefahrstoffauflagen sowie teure Entsorgung die Sanierungskosten in die Höhe. Bei Mehrfamilienhäusern beobachten wir zudem eine Lücke zwischen den Erwartungen der Käuferinnen bzw. Käufern und den Angeboten: Die Anbieterseite ruft häufig das 20- bis 22-Fache der Jahresmiete auf oder wünscht sich diese, während die Nachfrageseite eher mit dem 15- bis 16-Fachen kalkuliert.
 

Immer wieder wird argumentiert, dass die aktuellen Darlehenszinsen historisch gesehen niedrig seien. Warum lässt sich die Situation heute nicht mit früher vergleichen?
Ein Vergleich mit den 70er- und 80er-Jahren greift zu kurz. Damals lagen die Darlehenszinsen zwar bei acht bis neun Prozent, gleichzeitig waren Baukosten, Lebenshaltung und Ausstattungsstandards deutlich niedriger. Heute sind die Gesamtkosten höher: Baupreise und Nebenkosten steigen, energetische und technische Standards sind strenger, der Alltag insgesamt teurer. Darum lässt sich die Situation nicht mit früher vergleichen.

Werfen wir einen Blick auf die Ballungsräume Wiesbaden und Frankfurt: Wie hat sich 2025 das obere Preissegment entwickelt?
Der Wert im oberen Preissegment bemisst sich am konkreten Interesse der Käuferinnen und Käufer – ein einheitlicher Trend ist hier nicht erkennbar. Wir erleben, dass sich Vermögende häufig gezielt für besondere Einzelstücke entscheiden. Das heißt, wenn ein Angebot ihren Vorstellungen entspricht, ist der Preis weniger relevant. Zugleich wird die Vermarktung sehr individueller Luxusobjekte anspruchsvoller, da die Käufergruppe klein und die Anforderungen hoch sind.
 

Bestand oder Neubau: Was spricht für den Kauf einer Bestandsimmobilie, was für den Neubau? Auch mit Blick auf energetische Sanierungen, Entsorgung und Baukosten? Und: Gibt es bei sanierungsbedürftigen Bestandsimmobilien „Schnäppchen“?
Ein pauschales „Schnäppchen-Narrativ“ lässt sich nicht ableiten. Bestandsimmobilien können besonders interessant sein, wenn Leistungen beim Umbau oder bei der Sanierung selbst übernommen werden können. Werden Arbeiten vergeben, gehören Handwerker- und Materialkosten fest ins Budget. Je nach Objekt können noch energetische Anforderungen hinzukommen, die mitgeplant werden müssen; sind Schadstoffe wie Asbest im Spiel, machen Rückbau und Entsorgung das Ganze noch teurer. Für den Preis heißt das: Nachlässe können verhandelt werden, wenn konkret investiert werden muss – etwa für Heizung, Fenster und Dach oder bei Schadstoffentfernung und Rückbau. Beim Neubau liegen die reinen Baukosten derzeit bei rund 4.000 Euro je Quadratmeter; hier können energetische Standards die Kosten zusätzlich erhöhen. Ob Bestand oder Neubau passt, ist letztlich eine Frage des Budgets und des persönlichen Typs.
 

Wie wirkt sich die aktuelle Marktsituation auf Mehrfamilienhäuser aus und wie ist das Kaufpreis-Miete-Verhältnis zu bewerten?
Ähnlich wie bei Eigenheimen zählt der Zustand: Gebäudealter, Instandhaltungsbedarf und energetische Ausstattung bestimmen den Preis. Gekauft wird, wenn die Miete, der Aufwand und der Kaufpreis stimmen. Wie schon erwähnt, liegt zwischen Preiswunsch und Zahlungsbereitschaft weiterhin eine deutliche Lücke. Rechnerisch verbessert sich die Rendite, da Mieten schneller steigen als Kaufpreise – sowohl in Frankfurt und Wiesbaden als auch im Umland. Im Neubausegment werden vereinzelt Mieten bis zu 18 Euro je Quadratmeter realisiert, in ländlicheren Lagen zwischen 10 und 12 Euro – jeweils mit steigender Tendenz. Die Nachfrage nach Mietwohnungen bleibt dennoch hoch.

Lassen Sie uns einen Blick auf die Preisfindung 2025/26 werfen: Welche Rolle spielen Darlehenszinsen und Regulatorik – und was folgt daraus für Angebote und Verhandlungen?
Die Prüfungspflichten bei Finanzierungen sind durch Regulatorik über die Jahre gewachsen – der Fokus liegt deshalb stärker auf belastbaren und transparenten Objekt- und Ertragsdaten. Für die Preisfindung bedeutet das: Angebote müssen von Beginn an realistisch kalkuliert sein. Sanierungsbedarf, Nebenkosten und erzielbare Mieten gehören transparent auf den Tisch. Ein überhöhter Einstiegspreis endet oft in schrittweisen Preissenkungen, die Zeit und Vertrauen kosten. Tragfähig bleibt ein Angebot nur dann, wenn Annahmen belegbar sind. Hier zeigt sich der Wert erfahrener Expertinnen und Experten: Sie kennen den Markt, bewerten Objekte ehrlich und bewahren Käufer wie Verkäufer vor teuren Illusionen.
 

Und zuletzt der Blick in die vermeintliche Glaskugel: Wohin entwickelt sich der Immobilienmarkt in den nächsten Jahren? Was wird für Investoren attraktiv, was für Selbstnutzer?
Die Boomjahre der Niedrigzinsphase sind vorbei. Künftig bestimmen vor allem Zinsniveau, wachsende Regulatorik und mehr Bürokratie den Markt. Diskutierte Vorgaben wie die Allgemeine Netzentgeltsystematik Strom (AgNes) und die CO₂-Bepreisung ab 2027 können Aufwand und Kosten erhöhen und zusätzliche Prüf- und Dokumentationspflichten Prozesse verlangsamen. Heute kaufen in erster Linie diejenigen, die über ausreichend Eigenkapital verfügen. Investoren werden dort Chancen sehen, wo Mieteinnahmen und Kosten in einem belastbaren Verhältnis stehen. Für Selbstnutzerinnen und Selbstnutzer gilt: Eigenkapital schafft Spielraum, handwerkliches Können senkt Sanierungskosten. Wer vollständig auf Fremdfinanzierung und Handwerksbetriebe angewiesen ist, stößt dagegen schnell an Grenzen. Damit bleibt der Immobilienmarkt selektiv attraktiv, gleichzeitig herausfordernd.

Sie möchten Ihr Immobilienportfolio einer Überprüfung unterziehen, erwägen zu kaufen oder zu verkaufen oder sind an der Risikovorsorge Ihrer Finanzierungen interessiert? Dann sprechen Sie mit Ihrer Private Banking-Beraterin oder Ihrem Private Banking-Berater, diese unterstützen Sie wegweisend und koordinierend bei der Umsetzung Ihrer Wünsche und Ziele. 
 

Jetzt Termin vereinbaren

Disclaimer:
Die vorstehenden Angaben und die Darstellungen stellen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung dar. Die Informationen sind weder ein Angebot noch eine direkte oder indirekte Empfehlung für den Erwerb oder die Veräußerung von Vermögenswerten und ersetzen nicht eine individuelle anleger- und anlagegerechte Beratung. Sie dienen ausschließlich Ihrer Information. Bei Bedarf setzen Sie sich deshalb bitte mit Ihrer zuständigen Beraterin oder Ihrem Berater in Verbindung. Die hier enthaltenen Aussagen geben unsere aktuelle Einschätzung zum Zeitpunkt der Erstellung wieder. Diese kann sich jederzeit ohne Ankündigung ändern.

17.10.2025